Gegen die Verleumdung von Papst Pius XII

Kürzlich hat ausgerechnet der aktuelle Leiter der Passionsspiele Oberammergau, Christian Stückl (der übrigens auch den Text der Passionsspiele „zeitgeistig“ verändert hat), das umstrittene Werk „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth neu auf die Bühne des Volkstheaters in München gebracht.
Mit der Uraufführung dieses Stücks 1963 im Berliner Theater am Kurfürstendamm begann eine Kampagne gegen das bis dahin hohe Ansehen Papst Pius’ XII., als habe er zu den Verbrechen der Judenverfolgung unter Hitler in unverantwortlicher Weise geschwiegen.
Obwohl diese Vorwürfe längst widerlegt sind, indem gezeigt wurde – was ja auch alle Zeitgenossen wussten -, dass Pius XII. alles getan hat, was unter den damaligen Umständen möglich war, werden sie immer wieder neu aufgetischt, ja inzwischen hat man oft schon den Eindruck, als solle Papst Pius XII. und die katholische Kirche, die ja selbst beträchtlich von den damaligen Machthabern zu leiden hatte, die Verantwortung für das Unrecht, das damals geschehen ist, auf sich nehmen, was gegen alle Wahrheit ist. Da die eigentlichen Zeitzeugen langsam aussterben und viele unserer Zeitgenossen nur wenig Informationen über die damaligen Verhältnisse haben, hat eine verzerrende Darstellung der eigentlichen Problematik immer leichteres Spiel, was dazu führt, dass das Verhältnis von Opfer und Täter oft verkehrt wird.
Auffallend ist, dass der Autor Hochhuth bei seinen sonstigen, angeblich „kritischen“, Werken in der Öffentlichkeit bei weitem nicht das Maß an Glaubwürdigkeit und zuverlässiger Recherche zugebilligt wird wie bei seinem „Der Stellvertreter“: So schreibt die „Zeit“ zu seinem den deutschen Geheimdienst (BND) kritisierenden Werk „Schmuggler in Pullach“ : „Wie es sich für einen echten Hochhuth gehört, läßt er auch in diesem neuen Werk seiner überschäumenden Phantasie die Zügel schießen und strapaziert das Vertrauen der Zuschauer in seine Glaubwürdigkeit bis zum äußersten. Allein schon der aberwitzige Einfall, ausgerechnet der BND sei in eine Plutoniumschmuggelaffäre zwischen Moskau und München verstrickt, ist eine freche Zumutung“ (http://www.zeit.de/1995/22/Hochhuth_in_Pullach).
(Inzwischen wurde Hochhuth übrigens selbst von „Geheimdienst-Vorwürfen“ eingeholt, indem Unterlagen des 1978 nach Amerika übergelaufenen rumänischen Geheimdienst-Generals Ion Mihai Pacepa veröffentlicht wurden, in welchen das Stück „Der Stellvertreter“ als Teil einer vom sowjetischen Geheimdienst vorgegebenen Desinformations-Kampagne gegen das Ansehen des Vatikans ausgewiesen wird).
Wie auch immer, geschichtlich steht außer Zweifel, was (nicht nur!) die nächste Umgebung von Papst Pius XII. wusste, sondern was auch durch Tatsachen belegt ist: Weil das NS-Regime auf Proteste allgemein nur noch mehr Menschen deportierte, versuchte Papst Pius XII. auch in Seiner Wortwahl jede noch größere Gefährdung von vielen Menschenleben zu vermeiden. Es ist vermessen, ein solches Bemühen in einer Notlage heute verleumderisch ins Gegenteil zu verzerren.
Pius XII. hat, da sind sich selbst seine Gegner nach dem Krieg noch einig gewesen, trotz aller gebotenen Diplomatie für alle klar vernehmbar, unerschrocken und so nachdrücklich wie möglich gegen Unrecht und Lüge und für alle Verfolgten die Stimme erhoben.
Und dies, obwohl Robert Kempner, Vertreter der USA beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess, meinte: „‚Jeder Propagandaversuch der katholischen Kirche gegen Hitlers Reich wäre nicht nur provozierter Selbstmord gewesen, sondern hätte die Ermordung einer großen Zahl von
Juden und Priestern ausgelöst.’
Harold Tittmann, US-Diplomat, der eigentlich im Auftrag von Präsident Roosevelt den Papst zu einer Stellungnahme gegen die Nazis bewegen sollte“, notierte „in seinem Tagebuch: ‚Ganz persönlich kann ich nicht anders als mir einzugestehen, dass der Heilige Vater den besseren Weg gewählt hat, als er sich entschied, nicht offen zu sprechen und dadurch viele Leben zu retten’“ (zitiert nach: http://justina.media.gloria.tv/2011-01/media-122549-14.html).
Unter Pius’ XII. Führung wurden durch die katholische Kirche hunderttausende Verfolgte, darunter zahlreiche Juden, vor dem Zugriff der Nazis gerettet, wie die Statistiken der Verfolgten selbst bestätigen. Pinchas Lapide, Theologe und Diplomat, Israelischer Konsul in Mailand, kam nach ausführlichen Recherchen zum Ergebnis: „‚Die katholische Kirche ermöglichte unter dem Pontifikat Pius' XII. die Rettung von 700.000, wahrscheinlich sogar 860.000 Juden vor dem gewissen Tod durch die Hände der Nationalsozialisten’“ (ebd.). Und dies unter Lebensgefahr für die Helfer selbst!
Die Kritik an Papst Pius XII. und der katholischen Kirche von damals ist doppelt infam, weil jeder weiß oder zumindest wissen kann, dass die katholische Kirche selbst schwerer Verfolgung ausgesetzt war und dass auch tausende Priester im KZ litten oder zu Tode kamen, ganz zu schweigen von den unzähligen Laien und anderen Priestern, die sonst noch zeitweise Gefängnis und viele andere Schikanen erdulden mussten.
Die damalige Regierung verzichtete zwar (noch) weitgehend auf die Verhaftung von Bischöfen, aber nur, um in der Kriegszeit nicht zu allzu große Unruhe und damit eine Gefährdung der Wehrkraft heraufzubeschwören. Dass man den entscheidenden Schlag gegen die Kirche jedoch nach dem Endsieg führen wollte, wurde von den Verantwortlichen offen angedroht und ist bekannt.
Wie unhistorisch „Kritik“ ist, die wesentliche Zusammenhänge und Tatsachen ausblendet oder verdreht, belegen einfache Aussagen von Verfolgten und Zeitzeugen, die weitgehend übereinstimmen und von denen nur einige wenige zur Information angeführt werden sollen:
„Beim Tode des Papstes Pius XII. sagte die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir: ‚Als alle Staatsoberhäupter zu den Verbrechen Hitlers geschwiegen haben, ihn teilweise sogar vor dem Krieg noch hofierten, (Churchill erklärte noch vor dem Krieg: ‚So einen Mann wie Hitler, würde Großbritannien brauchen!’), war es die einsame Stimme von Papst Pius XII., der in der Stunde der Not und der Verfolgung, für unser Volk die Stimme erhoben hat!’
Die New York Times' schrieb zu der päpstlichen Weihnachtsansprache im Jahr 1941:‚Die Stimme von Pius XII. ist eine einsame Stimme im Schweigen und in der Dunkelheit Europas.’ ‚Er ist so ziemlich der einzige Regierende auf dem europäischen Kontinent, der esüberhaupt wagt, seine Stimme zu erheben [...] und sich dem Hitlerismus in die Quere zu stellen.’Ähnlich kommentierte die ‘New York Times’ im Jahr 1942: ‚In dieser Weihnacht ist der Papst mehr denn je die einsame aufbegehrende Stimme im Schweigen eines Kontinents’.
Albert Einstein, ‘Time Magazine’, 1940: ‚Nur die katholische Kirche protestierte gegen den Angriff Hitlers auf die Freiheit. Bis dahin war ich nicht an der Kirche interessiert, doch heute empfinde ich große Bewunderung für die Kirche, die als einzige den Mut hatte, für geistige Wahrheit und sittliche Freiheit zu kämpfen.’
‚Im Vatikan sitzt ein erbitterter Feind des Nationalsozialismus, der sogar Partei für die Juden ergreift’, so die Einschätzung des Reichssicherheitshauptamtes vom Januar 1943.
Chaim Weizmann über Pius XII., 1943: ‚Der Heilige Stuhl bietet seine mächtige Hilfe überall an, wo es ihm möglich ist, das Los meiner verfolgten Religionsgenossen zu lindern.’
Rabbi Maurice Perlzweig in einem Schreiben an Mgr. Amleto Cicognani, Apostolischer Delegat in Washington, 1944: ‚Die wiederholten Interventionen des Heiligen Vaters zugunsten der Jüdischen Gemeinschaft in Europa haben bei Juden überall auf der Welt die tiefsten Gefühle der Wertschätzung und Dankbarkeit hervorgerufen.’
Rabbi Louis Filkenstein, 1944: ‚Der Nazismus hat keinen schärferen Tadel erfahren als durch Papst Pius XI. und seinen Nachfolger, Papst Pius XII.’
Dr. Alexandru Safran, rumänischer Oberrabbiner von 1939 bis 1948, in einem Schreiben an Mgr. Andrea Cassulo, Apostolischer Delegat in Rumänien, 1944: ‚In den schwierigsten Zeiten, welche die Juden Rumäniens zu überstehen hatten, war der großzügige Beistand des Heiligen Stuhls entscheidend und heilsam. Es ist nicht einfach für uns, die richtigen Worte zu finden, um die Wärme und Tröstung auszudrücken, die wir erfuhren aufgrund der Besorgnis des Pontifex Maximus, der große Summen an Geld bot, um das Leid der deportierten Juden zu erleichtern... Die rumänischen Juden werden diese Tatsachen von historischer Tragweite nie vergessen.’
Oberrabbiner Isaak Herzog, 1944: ‚Das Volk von Israel wird nie vergessen, was Seine Heiligkeit für unsere unglücklichen Brüder und Schwestern in dieser höchst tragischen Stunde unserer Geschichte tut. Das ist ein lebendiges Zeugnis der göttlichen Vorsehung in dieser Welt.’
Dr. Leon Kubowitzky, Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, 1945: ‚... danke (dem Papst) für die Rettung von Juden vor faschistischer und nationalsozialistischer Verfolgung... (und) das, was sich die Kirche zu tun bemüht und tatsächlich für unser verfolgtes Volk getan hat’.
Mosche Scharett, der spätere zweite Ministerpräsident Israels, über eine Audienz bei Papst Pius XII. nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: ‚Ich sagte ihm (dem Papst), dass es im Namen der jüdischen Öffentlichkeit meine erste Pflicht sei, ihm und durch ihn der katholischen Kirche für alles zu danken, was sie in den verschiedenen Ländern getan hat, um die Juden zu retten.’
Dr. Raffael Cantoni, Präsident der Union Jüdischer Gemeinden in Italien (Der 17. April 1955 wurde von Italiens Juden zum ‘Tag der Dankbarkeit’ für die Hilfe des Papstes erklärt):
‘Es hätte noch viel mehr Opfer gegeben ohne die wirksamen Interventionen Pius XII.’
Golda Meir, Außenministerin und spätere Premierministerin Israels, 1958: ‚Als unser Volk im Jahrzehnt des Naziterrors ein fürchterliches Martyrium erlitt, hat sich die Stimme des Papstes erhoben, um die Henker zu verurteilen und um Mitgefühl für die Opfer zum Ausdruck zu bringen. Unsere Epoche ist durch diese Stimme bereichert worden, die sich im Namen der großen sittlichen Werte über dem Tumult und den täglichen Konflikten erhob.’
Israel Maurice Edelman: ‚Im Namen der jüdischen Gemeinde Englands danke ich Eurer Heiligkeit für die Rettung zehntausender von Juden.’
Leonard Bernstein, zu Beginn eines Konzerts mit den New Yorker Philharmonikern, 1958:
‚Ich bitte um eine Minute des Schweigens zum Tode eines wahrhaft großen Mannes:
Papst Pius XII.’
Elio Toaff, Oberrabbiner in Rom zwischen 1951 und 2001: ‚Wir hatten die Gelegenheit, die große, mitfühlende Güte und Großherzigkeit Papst Pius' XII. zu erleben, während der unglücklichen Jahre der Verfolgung und des Terrors, als es schien, dass es für uns kein Entkommen mehr gab’“ (a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser und noch vieler anderer Zeugnisse kann man nur sagen: Es ist unbegreiflich, wie trotz all dieser Zeugnisse und Tatsachen eine verleumderische und – seit Zeitzeugen aussterben – zunehmende Schmutzkampagne immer wieder versucht, das Ansehen von Papst Pius XII. und vieler anderer Katholiken dieser Zeit, die unter Einsatz des eigenen Lebens für Recht und Wahrheit und für das Leben anderer eingetreten sind, zu beschmutzen! Besonders wenn von denen, die heute Pius XII. anklagen, etliche selbst oder ihre Eltern durch die Bemühung von Pius XII. gerettet wurden!
In Stückls Aufführung sagt am Schluss übrigens der Student zu seinem Kommilitonen: Die Frage ist doch, gibt es überhaupt einen Gott. Was interessiert mich der Stellvertreter, wo war denn sein Chef? Zeigt sich auch hier die Tendenz, die Schuldfrage von den eigentlich Verantwortlichen auf jemand anderen zu übertragen, in diesem Fall auf Gott selbst?
Eine unter dem Schein der „Ehrenhaftigkeit“ verdeckte Unehrlichkeit, welcher der Mensch leider immer wieder verfällt, sollte ein wirklich moralisches Interesse vermeiden! Diesen wirklich aufrichtigen Blick schenkt uns nur Jesus Christus, der die Herzen der Menschen kennt und sich trotzdem für sie in Liebe dahingegeben hat! Nur die Nachfolge in Seiner Liebe lässt uns nicht zuerst andere beschuldigen, sondern uns selbst, und führt uns so weg von der bloßen Haltung von Pharisäern hin zu einer Bereitschaft, sich für andere hinzugeben, wie Menschen, die es damals wie heute gab und gibt, nur damals unter unvergleichlich extremen Bedingungen, die für das zeitliche und oft auch ewige Heil ihrer Mitmenschen Unbeschreibliches getan haben! Sie sollten auch heute nicht verleumdet werden!

Thomas Ehrenberger

 

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